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©Cristina Marx

Edith Steyer- SUCHT DAS MUSIKALISCHE GESPRÄCH MIT JOHN CARTER

PORTRAIT NEUSTART KULTUR STIPENDIENPROGRAMM (2020/21)

Wie würde John Carter heute klingen? Edith Steyer ist tief in das Werk des wegweisenden Klarinettisten eingestiegen. Entdeckt hat sie nicht nur alte Kompositionen neu, sondern auch ihre eigenen Antworten auf sein Werk formuliert.

Wie könnte ein Gespräch über Zeit und Raum hinweg stattfinden? Mit einem Künstler, dessen Werk man zwar bewundert, aber den man zu Lebzeiten nicht mehr kennenlernen konnte – und dessen Nachlass viel zu wenig erforscht ist? 

Der in Texas geborene und in Kalifornien wirkende John Carter gehört zu den unbekanntesten Größen des modernen Jazz. Als Klarinettist schuf er neue Ausdrucksformen am Instrument, befreite es aus seinem bis dato engen Korsett und erkundete den Freiraum, der sich dadurch eröffnete – und das alles von Kalifornien aus, was bis in die späten 1980er Jahre hinein noch eher zur Peripherie der Jazzszene gehörte. „Der Picasso der Klarinette“ nennt ihn die US-amerikanische Nachwuchsorganisation „JazzEmpowers“ auf ihrer Webseite. Insbesondere sein fünfteiliger Albumzyklus „Roots and Folklore: Episodes in the Development of American Folk Music“ stellt einen Meilenstein des Jazz dar. Mit jedem der Alben – angefangen mit „Dauwhe“ (1982) und „Castles of Ghana“ (1985), über „Dance of the Love Ghosts“ (1986), bis hin zu „Fields“ (1988) und „Shadows on a Wall“ (1989) – arbeiteten sich Carter und sein Oktett musikalisch an der afroamerikanischen Geschichte ab. Eine Ambition, die das Politische mit dem Historischen und Musikalischen verband – und dazu beiträgt, dass „Roots and Folklore“ bis heute als eines der wichtigsten Jazzprojekte der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gilt. 

Edith Steyer lernte die Arbeit Carters vor rund zwanzig Jahren kennen: selbst eine Klarinettistin, war sie fasziniert von seinem Werk. „Ich habe mich in den letzten Jahren mehr und mehr auf die Klarinette verlegt und fand es immer spannender, was er gemacht hat, insbesondere seine Kompositionen“. Aber nur zu hören und vielleicht auch selbst zu spielen, war Steyer nicht genug, sie wollte tiefer eintauchen – so war das „John Carter Projekt“ geboren, ein Projekt, das über die Grenzen eines „Tribute“ weit hinausgeht und sich zu einer vielschichtigen musikalischen Konversation zwischen dem verstorbenen Komponisten und einer ihm nachfolgenden Generation von europäischen Musiker:innen und Komponist:innen entspinnt.

                                                                                                                                                   Text: Aida Baghernejad

Das ganze Portrait finden Sie als pdf im Downloadbereich.