Die verliebte Wolke
Das Ruhrgebiet als Schmelztiegel der Nationen, als ein Ort, der von der Vielfältigkeit und mit den daraus resultierenden Gegensätzlichkeiten und Problemen lebt, ist genau der richtige Ort für das Projekt „Die verliebte Wolke“: Die Vertonung einer Fabel des türkischen Lyrikers Nâzim Hikmet, in der es um die Frage von Solidarität, Mitgefühl und Zusammenhalt geht. Das von der Wuppertaler Musikerin Ute Völker initiierte Projekt bringt Akteurinnen und Akteure mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammen, die heute ihren Lebens- bzw. Arbeitsmittelpunkt im Ruhrgebiet haben.
Nâzim Hikmet zählt zu den bekanntesten türkischen Lyrikern und Schriftstellern. In dem Märchen „Die verliebte Wolke“ beschreibt er in poetischen Bildern die ungewöhnliche Liebe zwischen einer Wolke und einer jungen Frau, durch die Unglück und Katastrophen abgewendet werden können und erzählt, wie Solidarität untereinander Unheil und Streben nach Profit die Stirn bieten und die Welt (wieder) zum Erblühen bringen kann. In einer klaren, einfachen Sprache schafft Nâzim Hikmet Raum für das Entstehen fantasievoller Bilder. Bilder, die von den beiden Komponisten Enver Yalcin Özdiker und Björn Raithel in eine zeitgemäße Klangsprache übersetzt werden. Die Filmemacherin und Regisseurin Ayşe Kalmaz entwickelt dazu gemeinsam mit Kinder und Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet ein Videobühnenbild, das den Figuren ein unverwechselbares Gesicht gibt (beteiligt sind die Regenbogen-Schule Bochum, Siegfried-Drupp-Schule Dortmund und die "Werkstatt der Talente" des „Forum Billebrinkhöhe inklusive Kultur“ in Essen). Der Text wird in deutscher Sprache rezitiert (Textfassung Olaf Reitz) mit Einwürfen in türkischer Sprache (Pinar Erincin).
In der außergewöhnlichen Besetzung mit Akkordeon und orientalischem Ensemble spiegelt sich die Thematik des Märchens wider: Das anscheinend Unvereinbare, die „Wolke“ und das „Mädchen“, „Himmel“ und „Erde“, verbinden sich. Zwei ansonsten nicht kompatible Musikwelten gehen eine Liaison ein und schaffen einen eigenen, neuen Klangkosmos abseits der üblichen „Volksmusik-Klischees“: Das Akkordeon umspielt zart die Melodien der Baglama, der Lufthauch des Balges lässt die Saiten erzittern, „dreiviertel“ und „siebenachtel“ schaukeln im Gleichschritt im Takt, und Morgen- und Abendland werden zu einem „Niemandsland“. Björn Raithel und Enver Yalçin Özdiker kreieren eine Musik, die zwischen den Welten schwebt, den Text mal umspielt, mal unterstreicht und immer viel Raum für eigene Inspirationen bietet.