New York Journey

Wo Ellington draufsteht sollte auch Ellington drin sein. Die vierköpfige Sonderkommission Soko Steidle schrieb diesen elektrisierenden Namen auf das Cover und weckt dadurch natürlich die Aufmerksamkeit des Jazzhörers auf eine andere Interpretation der Musik des Komponisten Duke Ellington. Ein Blick auf die Playlist im Booklet und der Blick auf die Kompositionen zeigt allerdings eine andere Betrachtungsmöglichkeit auf die Musik von Duke Ellington. Oliver Steidle, Rudi Mahall, Jan Roder und Henrik Walsdorff übersetzten die Titel lautmalerisch und mit bemerkenswerten Neubezeichnungen, der kompositorische Inhalt wurde, vorsichtig formuliert, modifiziert – aus „Caravan” wurde „Wohnwagen”, aus „Mood indigo” wurde „Mut Indigo”. Doch was ist mit „Felse mich im Rhythmus” („Rockin’ in rhythm”?) oder mit „Baumwoll Peter Mann”? Faszinierend, wie das Quartett am heiligen Sockel eines Jazzdenkmals kratzt, ohne es in seiner Gesamtheit in Frage zu stellen. Wenn man den Namen Ellington einmal ausblendet, bietet sich das Bild einer Verwandlung, deren durch Franz Kafka negativ besetzte Bedeutung bei Soko Steidle eine neue Form der Interpretation gewährleistet. Nichts ist mehr (Ellington-)Original, aber auch nichts epigonal. Zwischen den Tönen tritt SOKO Steidle der Meinung entgegen, musikalische Variationen auch ohne bewusste Nähe zum eigentlichen Urheber seien zum Scheitern verurteilt.

7 of 8 plus 5 of 6

In diesem ungewöhnlichen Projekt geht es Andreas Willers um Begegnung und Verschränkung von zeitgenössischem Jazz, nicht-idiomatischer Improvisation und Neuer Musik. Das excellent besetzte Sextett 7 of 8 stellt Musik von der aktuellen CD ‚The Goldman Variations‘ vor. Darüber hinaus wird ein Kammermusik-Ensemble sechs eigens für diesen Anlaß entstandene Kompositionen aufführen, bei denen jeweils einer der 7 of 8-Akteure als Improvisator mitwirkt. Hierfür konnten hochkarätige InterpretInnen und Musikautoren gewonnen werden, gemeinsam an der Überwindung musikalischer Grenzen zu arbeiten. Magie vs. Konvention – Die Titel der Goldman Variations sind ebenso ein Spiel mit Worten wie ihr Inhalt ein Spiel mit musikalischen Idiomen und deren Abstraktion basierend auf dem 30 Jahre alten ‚Ground Music‘-Konzept des Komponisten und Gitarristen Andreas Willers ist, entwickelt in der Kompositionsarbeit u.a. für Blue Collar, dem Andreas Willers Octet und Montauk zur angestrebten Weiterentwicklung einer zeitgenössischen europäischen Jazzsprache. Damals wie heute stehen den dicht und anspruchsvoll geschriebenen Themen expressive solistische und kollektive Improvisationen gegenüber, in denen es jenseits von einengenden Genre-Schubladen neben Wucht und Abstraktion um reine Musikalität geht, um überschäumende Spielfreude und gelegentlich auch mal um (selbst-)ironische Distanz.

horizons of a bird- #betonest

Angela Postweiler und Claudia van Hasselt faszinieren seit jeher unkonventionelle Anforderungen an die Stimme jenseits der klassischen Gesangstechnik und Ästhetik. In ihrem Projekt #betOnest stellen sie neben der Dichotomie von professionellem und Amateurgesang auch die kulturelle Trennung von Stadt- und Landbevölkerung in Frage. Das dreiteilige Projekt ist Teil der im ländlichen Raum mit Laien geplanten Reihe für zeitgenössische Stimmkunst horizons of a bird. Es verknüpft vokale Echtzeitmusik mit komponierter Gesangskunst und mündet in eine UA von Amen Feizabadi. Der offene Prozess zwischen Perfektion und kompromisslosem Scheitern löst sich von ästhetischen Hierarchien und der starren Abgrenzung von professionellem und Laiengesang. Der Künstler Nicolas Wiese arbeitet mit ortspezifischen Bildern und Klängen, die in einem Wechselspiel von Vorproduziertem und Live-Geschehen collagiert und elektronisch verfremdet werden. Die dadurch entstehenden ästhetischen Latenzen rücken im LiveStream der Konzertperformance als stilistisches Mittel ins Zentrum. Gestreamt wird auf https://www.facebook.com/horizonsofabird

Nils Ostendorf/Laurent Bruttin Duoresidenz

Der Trompeter Nils Ostendorf und der Klarinettist Laurent Bruttin erforschen in ihrem Duo den Umgang mit einem Blasinstrument als Generator von Frequenz und Geräusch und entwickeln gemeinsam Konzepte des Zusammenspiels an der Schnittstelle zwischen Komposition und Improvisation. Die beiden Musiker brechen den kammermusikalischen Kontext auf, indem sie ihre Instrumente mikrophonisch verstärken und um ein elektronisches Setup an modularen und analogen Synthesizern und Effektpedalen erweitern, welche sie zeitgleich zu ihren Instrumenten in Echtzeit steuern und triggern. Dabei verbinden sich akustische und elektronische Signale zu einem vielschichtigen Klangspektrum, das vom mikroskopischen Detail bis zum opulenten orchestralen Klangkörper reichen kann. Trotz dieser Multiplikation der musikalischen Ausdrucksmittel steht weiterhin die Konzentration auf eine detaillierte musikalische Dramaturgie basierend auf ein reduziertes Ausgangsmaterial stets im Vordergrund.

Alluvium

Alluvium is a sound installation-performance that presents a group of singer-performers who are buried up to their necks in the soil of a countryside garden, and who duet with a generative sound installation played from speakers which are also buried beneath the grass. Alluvium engages with the subterranean — reshaping the soundscape of the garden with layered sound emerging from underground. This work plays with a sense of the uncanny that can arise from perceiving sound that has been shifted away from the familiar — sound which has been eroded and reshaped by its surroundings.

The Curious Loop

Loops represent a time that is suspended, which is a compressed source of the past, present and the future: The past (as it is looping the material produced in the past), the future (as it will also take place in the future) and the present (as it is experienced in the now). And all these will soon become a history… and the history, eating its own tail, will probably repeat itself again. There is a section at the beginning of a loop when the audience is simply introduced to “sentences” of the format. The loop then builds upon itself by repetitive sequences, and a new phase occurs. The repetitions combine on top of each other, one after another, a certain state of being frozen or being suspended in time is created. Just like an alchemy, the loop -although it is the same ‘sentence’- transforms the state from becoming accustomed-to, through suspension, and then the mere impression of infinity. And then within this infinity, one might crack the door open to find the new things opening up the new experiences.

Musikfest Wartin

TIEFSCHOEN 1. Die erste Ausgabe des Festivals der Neugier auf Musik im Schloss Wartin widmet sich der Vielfalt von ANEIGNUNGEN. Abseits etablierter Spielorte wird das weiträumige, von staunenswerter Natur geprägte Areal mit sieben Spielorten ein spannendes Programm unterschiedlichster experimenteller Formen aktueller Musik bieten. Außergewöhnliche Solisten (Glissandoflöte, Instant Music Factory u.a.) und die auf ganz eigene Weise Klanggeschehen aufgreifende und gestaltende, auch das Publikum einbeziehende Voice-Performerin Liping Ting (Taiwan) sowie das besonders vielseitige Ensemble work in progress – Berlin prägen das Geschehen mit einer Reihe von Ur- und Erstaufführungen. Das spannende Beziehungs-Geflecht lässt musikalisch-semantische Aneignungen von Mittelamerika bis nach Fernost erleben und geht in seiner Besonderheit ebenso auf Kenner avantgardistischer Musik wie auf neugieriges Publikum ohne Vorkenntnisse zu.

Paul Dessau und 75 Jahre Film / Musik

Auslösendes Moment für dieses Programm war der Holzschnitt „Paul Dessau“ von Peter Reinhold aus dem Jahr 1976. Entdeckt in der Datenbank „Private Künstlernachlässe im Land Brandenburg“. In der Folge Folge traf ich mich mit Maxim Dessau, um Möglichkeiten eines kammermusikalischen Programms mit Werken seines Vaters auszuloten. In diesem Gespräch erfuhr ich, dass Kompositionen für verschiedene Disney-Filme existieren, die von Paul Dessau selbst eher als Gelegenheitsarbeiten angesehen wurden. In seiner Zeit als Kapellmeister im Alhambra-Lichtspieltheater am Kurfürstendamm Berlin empfand er es als Herausforderung, in möglichst kurzer Zeit Musik für Stummfilme zu schreiben – so entstanden auch die Kompositionen zu den Disney-Kurzfilmen. Das Projekt entstand 2003 in einer Zusammenarbeit zwischen der Akademie der Künste, der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf und der Kammerakademie Potsdam. Daraus möchten wir vier Werke vorstellen, die sich explizit mit brandenburgischen Themen beschäftigt. (Andreas Bräutigam)

intersonanzen. Einheit und Differenz – Neue Musik 30 Jahre

Das jährliche Festival intersonanzen inszeniert mit Konzerten, Partitur- und Klangkunst-Ausstellung, Soundwalk und Symposium neueste Musik aus Brandenburg im Kontext internationalen Repertoires, als Beitrag des Brandenburgischen Musikschaffens zum allgemeinen zeitgenössischen Diskurs. Renommierte Ensembles wie AUDITIVVOKAL, Duo Tocar, Ensemble Junge Musik, Royal String Quartet Warschau, Uroboros Ensemble London und Solistinnen wie Carin Levine, Ruth Velten und Biliana Voutchkova präsentieren unter der künstlerischen Leitung von Thomas Gerwin in 22 Veranstaltungen im Kunsthaus sans titre Potsdam über 30 Uraufführungen. Mit Werken von Peter Ablinger, Luciano Berio, Beat Furrer, Johannes Hildebrandt, Ralf Hoyer, Gabriel Iranyi, Georg Katzer, Motoharu Kawashima, Gisbert Näther, Gwyn Pritchard, Rebecca Saunders, Susanne Stelzenbach, Lothar Voigtländer, Helmut Zapf u.a. Einiges wird später als „Brücken-Konzert“ in Warschau, Eberswalde, London und Cottbus wiederholt.

NNoi Festival für Tonmusik

Bereits zum vierten Mal findet in diesem Jahr, inmitten malerischer Sommerlandschaft im Landkreis Oberhavel, 70 km nördlich von Berlin in Großwoltersdorf das Open-Air-Festival statt. Das Programm setzt sich aus internationalen Beiträgen zu zeitgenössischen Positionen der experimentellen Musik, Performance-, Installations- und Klangkunst zusammen. In familiärer Atmosphäre gilt das Festival sowohl für renommierte als auch jüngere Künstler*innen als ein Forum des Austauschs und Experiments. Die Ausstellung des Klangkünstlers Seiji Morimoto, wird parallel zum Festival in der Alten Brennerei auf Gut Zernikow zu rezipieren sein. Erstmals in diesem Jahr werden ortsspezifische Werke zu sehen und erfahren sein, die einen direkten Bezug zu den zahlreichen Jagd-Hochsitzen im näheren Umfeld des Festivalgeländes haben. Mit einzelnen Beiträgen aus den Bereichen des Figurentheaters und der Zauberkunst möchten wir auch alle Kinder herzlich willkommen heißen.

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Publikation – Musikfonds 2017 – 2019
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Im November 2020 ist im PFAU-Verlag die erste Publikation des Musikfonds erschienen. Sie gewährt Einblick in die ersten 500 Projekte, die durch den Musikfonds seit der ersten Kuratoriumssitzung im Jahr 2017 bis 2019 gefördert wurden. Die veröffentlichten statistischen Zahlen geben Aufschluss über die Verteilung der bisherigen Förderungen auf die verschiedenen Bundesländer und Genres, der Band dokumentiert aber auch in zahlreichen Kurztexten und Fotos eindrucksvoll die Vielfalt und Entwicklung der freien experimentellen Musikszene in Deutschland mit all ihren interdisziplinären und genreübergreifenden Strömungen.
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Die Publikation ist online abrufbar oder als Buch (ISBN: 978-3389727-555-3) beim Musikfonds oder über den PFAU-Verlag erhältlich.

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