Güldeste Mamaç, Foto: Ellen Schmauss
©Güldeste Mamaç, Foto: Ellen Schmauss

Güldeste Mamaç - Die Weltenverknüpferin

Im Dezember 2014 sitzt Güldeste Mamaç – studierte Geigerin
und bereits als Kind am Konservatorium – fern von ihrer Heimat Stuttgart
in Indien in einem Musikzentrum im Schneidersitz auf dem Boden und
lernt mit einem Guru basale Tonleitern. Hoch und runter, immer wieder,
eine Stunde lang. Es ist die zarte Wiederannäherung an eine alte Liebe,
ihr Instrument, von dem sie nach dem Abschluss ihres Studiums erstmal
nichts mehr wissen wollte. Wie konnte es dazu kommen?

Güldeste Mamaç wird 1989 in der türkischen Metropole Izmir an der
Ägäisküste geboren. Kein einziger Tag vergeht, an dem ihr Vater, ein leidenschaftlicher
Hobbymusiker, nicht die Langhalslaute Ba˘glama spielt
und mit ihr singt. Durch ihn lernt sie als Kind anatolische Volkslieder. In
der fünften Klasse besteht sie die Talentprüfung für das Konservatorium:
Töne erkennen, Melodien nachsingen, Gehörbildung. Sie wird so gut im
Geigenspiel, dass ihre Lehrer sie mit 16 nach Deutschland schicken, um
in Detmold an der Hochschule zu studieren. Sie besteht die Annahmeprüfung
und hat im Alter von 23 Jahren ihren Abschluss in der Tasche.
„Ich hatte super gute Professor:innen an einer tollen Hochschule – aber
ich habe mit westlicher klassischer Musik nie meinen Frieden gefunden“,
sagt Mamaç. „Sie haben mir immer wieder gesagt: Wow, du bist so talentiert
– aber du musst noch üben. Dies ist noch nicht perfekt, das ist nicht
perfekt. Sie wollen, dass man Klassiker exakt nach den Vorgaben spielt,
zum Beispiel Beethoven, weil so das System ist, und sie möchten einen
bestmöglich für den Berufsweg vorbereiten. Aber in diese Welt habe ich
einfach nicht reingepasst.“

Güldeste Mamaç zog es stattdessen zunächst zur Straßenmusik.
Sie reist während des Studiums immer wieder nach Mannheim, wo ihre
Cousine Operngesang studierte. Mit 18 fingen sie an, gemeinsam mit
ein paar anderen Freunden türkische und kurdische Volkslieder in den
Gassen und Plätzen der Stadt zu spielen. „Das war meine erste Banderfahrung:
Bruderschaft, ohne Grenzen, ohne Unterschiede!“, schwärmt sie.
Als Besetzung mit Violine, Gesang, Gitarre, Bass, Posaune und Perkussion
hat die Clique fünf Jahre lang nebenher auf Demos gespielt, bei Straßenfesten,
sogar Tourneen bestritten. “Diese Erfahrung ist entscheidend, um
mein jetziges musikalisches Leben zu verstehen“, sagt Mamaç.

Text: Ariana Zustra

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